Вход    
Логин 
Пароль 
Регистрация  
 
Блоги   
Демотиваторы 
Картинки, приколы 
Книги   
Проза и поэзия 
Старинные 
Приключения 
Фантастика 
История 
Детективы 
Культура 
Научные 
Анекдоты   
Лучшие 
Новые 
Самые короткие 
Рубрикатор 
Персонажи
Новые русские
Студенты
Компьютерные
Вовочка, про школу
Семейные
Армия, милиция, ГАИ
Остальные
Истории   
Лучшие 
Новые 
Самые короткие 
Рубрикатор 
Авто
Армия
Врачи и больные
Дети
Женщины
Животные
Национальности
Отношения
Притчи
Работа
Разное
Семья
Студенты
Стихи   
Лучшие 
Новые 
Самые короткие 
Рубрикатор 
Иронические
Непристойные
Афоризмы   
Лучшие 
Новые 
Самые короткие 
Рефераты   
Безопасность жизнедеятельности 
Биографии 
Биология и химия 
География 
Иностранный язык 
Информатика и программирование 
История 
История техники 
Краткое содержание произведений 
Культура и искусство 
Литература  
Математика 
Медицина и здоровье 
Менеджмент и маркетинг 
Москвоведение 
Музыка 
Наука и техника 
Новейшая история 
Промышленность 
Психология и педагогика 
Реклама 
Религия и мифология 
Сексология 
СМИ 
Физкультура и спорт 
Философия 
Экология 
Экономика 
Юриспруденция 
Языкознание 
Другое 
Новости   
Новости культуры 
 
Рассылка   
e-mail 
Рассылка 'Лучшие анекдоты и афоризмы от IPages'
Главная Поиск Форум

Дюрренматт, Фридрих - Дюрренматт - Тоннель (germ)

Проза и поэзия >> Переводная проза >> Дюрренматт, Фридрих
Хороший Средний Плохой    Скачать в архиве Скачать 
Читать целиком
Омядмяъ Даммейибнн. Нкййехш

Friedrich Durrenmatt. Der tunnel


     OCR, Spellcheck: Яхшц Омбйу, http://frank.deutschesprache.ru


     Ein vierundzwanzigjahriger, fett, damit das Schreckliche hinter den Kulissen, welches er sah (das war seine Fahigkeit, vielleicht die einzige), nicht allzu nah an ihn herankomme, der es liebte, die Locher in seinem Fleisch, da doch gerade durch sie das Ungeheuerliche hereinstromen konnte, zu verstopfen, derart, dass er Zigarren rauchte (Ormond Brasil 10) und uber seiner Brille eine zweite trug, eine Sonnenbrille, und in den Ohren Wattebuschel: Dieser junge Mann, noch von seinen Eltern abhangig und mit nebulosen Studien auf einer Universitat beschaftigt, die in einer zweistundigen Bahnfahrt zu erreichen war, stieg eines Sonntagnachmittags in den gewohnten Zug. Abfahrt siebzehnuhrfunfzig, Ankunft neunzehnuhrsiebenundzwanzig, um anderentags ein Seminar zu besuchen, das zu schwanzen er schon entschlossen war. Die Sonne schien an einem wolkenlosen Himmel, da er seinen Heimatort verlie?. Es war Sommer. Der Zug hatte sich bei diesem angenehmen Wetter zwischen den Alpen und dem Jura fortzubewegen, an reichen Dorfern und kleinen Stadten vorbei, spater an einem Fluss entlang, und tauchte denn auch nach noch nicht ganz zwanzig Minuten Fahrt, gerade nach Burgdorf in einen kleinen Tunnel. Der Zug war uberfullt. Der Vierundzwanzigjahrige war vorne eingestiegen und hatte sich muhsam nach hinten durchgearbeitet, schwitzend und einen leicht vertrottelten Eindruck erweckend. Die Reisenden sa?en dicht gedrangt, viele auf Koffern, auch die Coupes der zweiten Klasse waren besetzt, nur die erste Klasse schwach belegt. Wie sich der junge Mann endlich durch den Wirrwarr der Familien, Rekruten, Studenten und Liebespaare gekampft hatte, bald, vom Zug hin und her geschleudert, gegen diesen fallend und bald gegen jenen, gegen Bauche und Bruste torkelnd, fand er im hintersten Wagen Platz, so viel sogar, dass er in diesem Abteil der dritten Klasse - in der es sonst Wagen mit Coupes selten gibt - eine ganze Bank fur sich allein hatte: Im geschlossenen Raume sa? ihm gegenuber einer, noch dicker als er, der mit sich selbst Schach spielte, und in der Ecke der gleichen Bank, gegen den Korridor zu, ein rothaariges Madchen, das einen Roman las. So sa? er schon am Fenster und hatte eben eine Ormond Brasil 10 in Brand gesteckt, als der Tunnel kam, der ihm langer als sonst zu dauern schien. Er war diese Strecke schon manchmal gefahren, fast jeden Samstag und Sonntag seit einem Jahr, und hatte den Tunnel eigentlich gar nie beachtet, sondern immer nur geahnt. Zwar hatte er ihm einige Male die volle Aufmerksamkeit schenken wollen, doch hatte er, wenn er kam, jedesmal an etwas anderes gedacht, so dass er das kurze Eintauchen in die Finsternis nicht bemerkte, denn der Tunnel war eben gerade vorbei, wenn er, entschlossen, ihn zu beachten, aufschaute, so schnell durchfuhr ihn der Zug und so kurz war der kleine Tunnel. So hatte er denn auch jetzt die Sonnenbrille nicht abgenommen, als sie einfuhren, da er nicht an den Tunnel dachte. Die Sonne hatte eben noch mit voller Kraft geschienen, und die Landschaft, durch die sie fuhren, die Hugel und Walder, die fernere Kette des Juras und die Hauser des Stadtchens, war wie von Gold gewesen, so sehr hatte alles im Abendlicht geleuchtet, so sehr, dass ihm die nun schlagartig einsetzende Dunkelheit des Tunnels bewusst wurde, der Grund wohl auch, warum ihm die Durchfahrt langer erschien, als er sie sich dachte. Es war vollig finster im Abteil, da der Kurze des Tunnels wegen die Lichter nicht in Funktion gesetzt waren, denn jede Sekunde musste sich ja in der Scheibe der erste, fahle Schimmer des Tages zeigen, sich blitzschnell ausweiten und mit voller, goldener Helle gewaltig hereinbrechen; als es jedoch immer noch dunkel blieb, nahm er die Sonnenbrille ab. Das Madchen zundete sich in diesem Augenblick eine Zigarette an, offenbar argerlich, dass es im Roman nicht weiterlesen konnte, wie er im rotlichen Aufflammen des Streichholzes zu bemerken glaubte; seine Armbanduhr mit dem leuchtenden Zifferblatt zeigte zehn nach sechs. Er lehnte sich in die Ecke zwischen der Coupewand und der Scheibe und beschaftigte sich mit seinen verworrenen Studien, die ihm niemand recht glaubte, mit dem Seminar, in das er morgen musste und in das er nicht gehen wurde (alles, was er tat, war nur ein Vorwand, hinter der Fassade seines Tuns Ordnung zu erlangen, nicht die Ordnung selber, nur die Ahnung einer Ordnung, angesichts des Schrecklichen, gegen das er sich mit Fett polsterte, Zigarren in den Mund steckte, Wattebuschel in die Ohren), und wie er wieder auf das Zifferblatt schaute, war es Viertel nach sechs und immer noch der Tunnel. Das verwirrte ihn. Zwar leuchteten nun die Gluhbirnen auf, es wurde hell im Coupe, das rote Madchen konnte in seinem Roman weiterlesen, und der dicke Herr spielte wieder mit sich selber Schach, doch drau?en, jenseits der Scheibe, in der sich nun das ganze Abteil spiegelte, war immer noch der Tunnel. Er trat in den Korridor, in welchem ein hochgewachsener Mann in einem hellen Regenmantel auf und ab ging, ein schwarzes Halstuch umgeschlagen. Wozu auch bei diesem Wetter, dachte er und schaute in die anderen Coupes dieses Wagens, wo man Zeitung las und miteinander schwatzte. Er trat wieder zu seiner Ecke und setzte sich, der Tunnel musste nun jeden Augenblick aufhoren, jede Sekunde; auf der Armbanduhr war es nun beinahe zwanzig nach; er argerte sich, den Tunnel vorher so wenig beachtet zu haben, dauerte er doch nun schon eine Viertelstunde und musste, wenn die Geschwindigkeit eingerechnet wurde, mit welcher der Zug fuhr, ein bedeutender Tunnel sein, einer der langsten Tunnel in der Schweiz. Es war daher wahrscheinlich, dass er einen falschen Zug genommen hatte, wenn ihm im Augenblick auch nicht erinnerlich war, dass sich zwanzig Minuten Bahnfahrt von seinem Heimatort aus ein so langer und bedeutender Tunnel befand. Er fragte deshalb den dicken Schachspieler, ob der Zug nach Zurich fahre, was der bestatigte. Er wusste gar nicht, dass an dieser Stelle der Strecke ein so langer Tunnel sei, sagte der junge Mann, doch der Schachspieler antwortete, etwas argerlich, da er in irgendeiner schwierigen Uberlegung zum zweitenmal unterbrochen wurde, in der Schweiz gebe es eben viele Tunnel, au?erordentlich viele, er reise zwar zum erstenmal in diesem Lande, doch falle dies sofort auf, auch habe er in einem statistischen Jahrbuch gelesen, dass kein Land so viele Tunnel wie die Schweiz besitze. Er musse sich nun entschuldigen, wirklich, es tue ihm schrecklich Leid, da er sich mit einem wichtigen Problem der Nimzowitsch-Verteidigung beschaftige und nicht mehr abgelenkt werden durfe. Der Schachspieler hatte hoflich, aber bestimmt geantwortet; dass von ihm keine Antwort zu erwarten war, sah der junge Mann ein. Er war froh, als nun der Schaffner kam. Er war uberzeugt, dass seine Fahrkarte zuruckgewiesen werden wurde; auch als der Schaffner, ein blasser, magerer Mann, nervos, wie es den Eindruck machte, dem Madchen gegenuber, dem er zuerst die Fahrkarte abnahm, bemerkte, es musse in Olten umsteigen, gab der Vierundzwanzigjahrige noch nicht alle Hoffnung auf, so sehr war er uberzeugt, in den falschen Zug gestiegen zu sein. Er werde wohl nachzahlen mussen, er sollte nach Zurich, sagte er denn, ohne die Ormond Brasil 10 aus dem Munde zu nehmen, und reichte dem Schaffner das Billett hin. Der Herr sei im rechten Zug, antwortete der, wie er die Fahrkarte gepruft hatte. "Aber wir fahren doch durch einen Tunnel!" rief der junge Mann argerlich und recht energisch aus, entschlossen, nun die verwirrende Situation aufzuklaren. Man sei eben an Herzogenbuchsee vorbeigefahren und nahere sich Langenthal, sagte der Schaffner. "Es stimmt, mein Herr, es ist jetzt zwanzig nach sechs." Aber man fahre seit zwanzig Minuten durch einen Tunnel, beharrte der junge Mann auf seiner Feststellung. Der Schaffner sah ihn verstandnislos an. "Es ist der Zug nach Zurich", sagte er und schaute nun auch nach dem Fenster. "Zwanzig nach sechs", sagte er wieder, jetzt etwas beunruhigt, wie es schien, "bald kommt Olten, Ankunft achtzehnuhrsiebenunddrei?ig. Es wird schlechtes Wetter gekommen sein, ganz plotzlich, daher die Nacht, vielleicht ein Sturm, ja, das wird es sein." - "Unsinn", mischte sich nun der Mann, der sich mit seinem Problem der Nimzowitsch- Verteidigung beschaftigte, ins Gesprach, argerlich, weil er immer noch sein Billett hinhielt, ohne vom Schaffner beachtet zu werden, "Unsinn, wir fahren durch einen Tunnel. Man kann deutlich den Fels sehen, Granit wie es scheint. In der Schweiz gibt es am meisten Tunnel der ganzen Welt. Ich habe es in einem statistischen Jahrbuch gelesen." Der Schaffner, indem er endlich die Fahrkarte des Schachspielers entgegennahm, versicherte aufs neue, fast flehentlich, der Zug fahre nach Zurich, worauf der Vierundzwanzigjahrige den Zugfuhrer verlangte. Der sei vorne im Zug, sagte der Schaffner, im ubrigen fahre der Zug nach Zurich, jetzt sei es sechsuhrfunfundzwanzig, und in zwolf Minuten werde er nach dem Sommerfahrplan in Olten anhalten, er fahre jede Woche diesen Zug dreimal. Der junge Mann machte sich auf den Weg. Das Gehen fiel ihm noch schwerer im uberfullten Zug als vor kurzem, wie er die gleiche Strecke umgekehrt gegangen war; der Zug musste uberaus schnell fahren; auch war das Getose, das er dabei verursachte, entsetzlich; so steckte er sich seine Wattebuschel denn wieder in die Ohren, nachdem er sie beim Betreten des Zuges entfernt hatte. Die Menschen, an denen er vorbeikam, verhielten sich ruhig, in nichts unterschied sich der Zug von anderen Zugen, die er an den Sonntagnachmittagen gefahren war, und niemand fiel ihm auf, der beunruhigt gewesen ware. In einem Wagen mit Zweitklass-Abteilen stand ein Englander am Fenster des Korridors und tippte freudestrahlend mit der Pfeife, die er rauchte, an die Scheibe. "Simplon", sagte er. Auch im Speisewagen war alles wie sonst, obwohl kein Platz frei war und der Tunnel doch einem der Reisenden oder der Bedienung, die Wiener Schnitzel und Reis servierte, hatte auffallen konnen. Den Zugfuhrer, den er an der roten Tasche erkannte, fand der junge Mann am Ausgang des Speisewagens. "Sie wunschen?" fragte der Zugfuhrer, der ein gro?gewachsener, ruhiger Mann war, mit einem sorgfaltig gepflegten, schwarzen Schnurrbart und einer randlosen Brille. "Wir sind in einem Tunnel, seit funfundzwanzig Minuten", sagte der junge Mann. Der Zugfuhrer schaute nicht nach dem Fenster, wie der Vierundzwanzigjahrige erwartet hatte, sondern wandte sich zum Kellner. "Geben Sie mir eine Schachtel Ormond 10", sagte er, "ich rauche die gleiche Sorte wie der Herr da"; doch konnte ihn der Kellner nicht bedienen, da man diese Zigarre nicht besa?, so dass denn der junge Mann, froh, einen Anknupfungspunkt zu haben, dem Zugfuhrer eine Brasil anbot. "Danke", sagte er, "ich werde in Olten kaum Zeit haben, mir eine zu verschaffen, und so tun Sie mir denn einen gro?en Gefallen. Rauchen ist wichtig. Darf ich Sie nun bitten, mir zu folgen?" Er fuhrte den Vierundzwanzigjahrigen in den Packwagen, der vor dem Speisewagen lag. "Dann kommt noch die Maschine", sagte der Zugfuhrer, wie sie den Raum betraten, "wir befinden uns an der Spitze des Zuges." Im Packraum brannte ein schwaches, gelbes Licht, der gro?te Teil des Wagens lag im Ungewissen, die Seitenturen waren verschlossen, und nur durch ein kleines vergittertes Fenster drang die Finsternis des Tunnels. Koffer standen herum, viele mit Hotelzetteln beklebt, einige Fahrrader und ein Kinderwagen. Der Zugfuhrer hing seine rote Tasche an einen Haken. "Was wunschen Sie?" fragte er aufs neue, schaute jedoch den jungen Mann nicht an, sondern begann in einem Heft, das er der Tasche entnommen hatte, Tabellen auszufullen. "Wir befinden uns seit Burgdorf in einem Tunnel", antwortete der Vierundzwanzigjahrige entschlossen, "einen so gewaltigen Tunnel gibt es auf dieser Strecke nicht, ich fahre sie jede Woche hin und zuruck, ich kenne die Strecke." Der Zugfuhrer schrieb weiter. "Mein Herr", sagte er endlich und trat nah an den jungen Mann heran, so nah, dass sich die beiden Leiber fast beruhrten, "mein Herr, ich habe Ihnen wenig zu sagen. Wie wir in diesen Tunnel geraten sind, wei? ich nicht, ich habe dafur keine Erklarung. Doch bitte ich Sie zu bedenken: Wir bewegen uns auf Schienen, der Tunnel muss also irgendwo hinfuhren. Nichts beweist, dass am Tunnel etwas nicht in Ordnung ist, au?er naturlich, dass er nicht aufhort." Der Zugfuhrer, die Ormond Brasil immer noch, ohne zu rauchen, zwischen den Lippen, hatte uberaus leise gesprochen, jedoch mit so gro?er Wurde und so deutlich und bestimmt, dass seine Worte vernehmbar waren, obgleich im Packwagen das Tosen des Zuges um vieles starker war als im Speisewagen. "Dann bitte ich Sie, den Zug anzuhalten", sagte der junge Mann ungeduldig, "ich verstehe kein Wort von dem, was Sie sagen. Wenn etwas nicht stimmt mit diesem Tunnel, dessen Vorhandensein Sie selbst nicht erklaren konnen, haben Sie den Zug anzuhalten." -"Den Zug anhalten?" antwortete der andere langsam, gewi?, daran habe er auch schon gedacht, worauf er das Heft schlo? und in die rote Tasclfe zurucksteckte, die an ihrem Haken hin und her schwankte, dann steckte er die Ormond sorgfaltig in Brand. Ob er die Notbremse ziehen solle, fragte der junge Mann und wollte nach dem Haken der Bremse uber seinem Kopf greifen, torkelte jedoch im selb..,}} Augenblick nach vorne, wo er an die Wand prallte. Der Kinderwagen rollte auf ihn zu, und Koffer rutschten heran; seltsam schwankend kam auch der Zugfuhrer mit vorgestreckten Handen durch den Packraum. "Wir fahren abwarts", sagte der Zugfuhrer und lehnte sich neben dem Vierundzwanzigjahrigen an die Vorderwand des Wagens, doch kam der erwartete Aufprall des rasenden Zuges am Fels nicht, dieses Zerschmettern und Ineinanderschachteln der Wagen, der Tunnel schien vielmehr wieder eben zu verlaufen. Am andern Ende des Wagens offnete sich die Ture. Im grellen Licht des Speisewagens sah man Menschen, die einander zutranken, dann schloss sich die Ture wieder. "Kommen Sie in die Lokomotive", sagte der Zugfuhrer und schaute dem Vierundzwanzigjahrigen nachdenklich und, wie - es plotzlich schien, seltsam drohend ins Gesicht, dann schloss er die Ture auf, neben der sie an der Wand lehnten: Mit solcher Gewalt jedoch schlug ihnen ein sturmartiger, hei?er Luftstrom entgegen, dass sie von der Wucht des Orkans aufs neue gegen die Wand taumelten; gleichzeitig erfullte ein furchterliches Getose den Packwagen. "Wir mussen zur Maschine hinuberklettern", schrie der Zugfuhrer dem jungen Mann ins Ohr, auch so kaum vernehmbar, und verschwand dann im Rechteck der offenen Ture, durch die man die hellerleuchteten, hin und her schwankenden Scheiben der Zugmaschine sah. Der Vierundzwanzigjahrige folgte entschlossen, wenn er auch en Sinn der Kletterei nicht begriff. Die Plattform, die er betrat, besa? auf beiden Seiten ein Eisengelander, woran er sich klammerte, doch war nicht der ungeheure Luftzug das Entsetzliche, der sich milderte, wie er sich der Maschine zubewegte, sondern die unmittelbare Nahe der Tunnelwande, die er zwar nicht sah, da er sich ganz auf die Maschine konzentrieren musste, die er jedoch ahnte, durchzittert vom Stampfen der Rader und vom Pfeifen der Luft, so dass ihm war, als rase er mit Sterngeschwindigkeit in eine Welt aus Stein. Der Lokomotive entlang lief ein schmales Band und daruber als Gelander eine Stange, die sich in immer gleicher Hohe uber dem Band um die Maschine herumkrummte: Dies musste der Weg sein; den Sprung, den es zu wagen galt, schatzte er auf einen Meter. So gelang es ihm denn auch, die Stange zu fassen. Er schob sich, gegen die Lokomotive gepresst, dem Band entlang; furchterlich wurde der Weg erst, als er auf die Langsseite der Maschine gelangte, nun voll der Wucht des brullenden Orkans ausgesetzt und drohenden Felswanden, die, hell erleuchtet von der Maschine, heranfegten. Nur der Umstand, dass ihn der Zugfuhrer durch eine kleine Ture ins Innere der Maschine zog, rettete ihn. Erschopft lehnte sich der junge Mann gegen den Maschinenraum, worauf es mit einem Male still wurde, denn die Stahlwande der riesenhaften Lokomotive dampften, wie der Zugfuhrer die Ture geschlossen hatte, das Tosen so sehr ab, dass es kaum mehr zu vernehmen war. "Die Ormond Brasil haben wir auch verloren", sagte der Zugfuhrer. "Es war nicht klug, vor der Kletterei eine anzuzunden, aber sie zerbrechen leicht, wenn man keine Schachtel mit sich fuhrt, bei ihrer langlichen Form." Der junge Mann war froh, nach der bedenklichen Nahe der Felswande auf etwas gelenkt zu werden, was ihn an die Alltaglichkeit erinnerte, in der er sich noch vor wenig mehr denn einer halben Stunde befunden hatte, an diese immergleichen Tage und Jahre (immergleich, weil er nur auf diesen Augenblick hinlebte, der nun erreicht war, auf diesen Augenblick des Einbruchs, auf dieses plotzliche Nachlassen der Erdoberflache, auf den abenteuerlichen Sturz ins Erdinnere). Er holte eine der braunen Schachteln aus der rechten Rocktasche und bot dem Zugfuhrer erneut eine Zigarre an, selber steckte er sich auch eine in den Mund, und vorsichtig nahmen sie Feuer, das der Zugfuhrer bot. "Ich schatze diese Ormond sehr", sagte der Zugfuhrer, "nur muss einer gut ziehen, sonst gehen sie aus", Worte, die den Vierundzwanzigjahrigen misstrauisch machten, weil er spurte, dass der Zugfuhrer auch nicht gern an den Tunnel dachte, der drau?en immer noch dauerte (immer noch war die Moglichkeit, er konnte plotzlich aufhoren, wie ein Traum mit einemmal aufzuhoren vermag). "Achtzehn Uhr vierzig", sagte er, indem er auf seine Uhr mit dem leuchtenden Zifferblatt schaute, "jetzt sollten wir doch schon in Olten sein", und dachte dabei an die Hugel und Walder, die doch noch vor kurzem waren, golduberhauft in der sinkenden Sonne. So standen sie und rauchten, an die Wand des Maschinenraums gelehnt. "Keller ist mein Name", sagte der Zugfuhrer und zog an seiner Brasil. Der junge Mann gab nicht nach. "Die Kletterei auf der Maschine war nicht ungefahrlich", bemerkte er, "wenigstens fur mich, der ich an dergleichen nicht gewohnt bin, und so mochte ich denn wissen, wozu Sie mich hergebracht haben." Er wisse es nicht, antwortete Keller, er habe sich nur Zeit zum Uberlegen schaffen wollen. "Zeit zum Uberlegen", wiederholte der Vierundzwanzigjahrige. "Ja", sagte der Zugfuhrer, "so sei es", rauchte dann wieder weiter. Die Maschine schien sich von neuem nach vorne zu neigen. "Wir konnen ja in den Fuhrerraum gehen", schlug Keller vor, blieb jedoch immer noch unschlussig an der Maschinenwand stehen, worauf der junge Mann den Korridor entlangschritt. Wie er die Ture zum Fuhrerraum geoffnet hatte, blieb er stehen. "Leer", sagte er zum Zugfuhrer, der nun auch herankam, "der Fuhrerstand ist leer." Sie betraten den Raum, schwankend durch die ungeheure Geschwindigkeit, mit der die Maschine, den Zug mit sich rei?end, immer weiter in den Tunnel hineinraste. "Bitte", sagte der Zugfuhrer und druckte einige Hebel nieder, zog auch die Notbremse. Die Maschine gehorchte nicht. Sie hatten alles getan, sie anzuhalten, gleich als sie die Anderung in der Strecke bemerkt hatten, versicherte Keller, doch sei die Maschine immer weitergerast. "Sie wird immer weiterrasen", antwortete der Vierundzwanzigjahrige und wies auf den Geschwindigkeitsmesser. "Hundertfunfzig. Ist die Maschine je hundertfunfzig gefahren?" - "Mein Gott", sagte der Zugfuhrer, "so schnell ist sie nie gefahren, hochstens hundertfunf." - "Eben", sagte der junge Mann. "Ihre Schnelligkeit nimmt zu. Jetzt zeigt der Messer hundertachtundfunfzig. Wir fallen." Er trat an die Scheibe, doch konnte er sich nicht aufrechterhalten, sondern wurde mit dem Gesicht an die Glaswand gepresst, so abenteuerlich war nun die Geschwindigkeit. "Der Lokomotivfuhrer?" schrie er und starrte nach den Felsmassen, die in das grelle Licht der Scheinwerfer hinaufsturzten, ihm entgegen, die auf ihn zurasten und uber ihm, unter ihm und zu beiden Seiten des Fuhrerraums verschwanden. "Abgesprungen!" schrie Keller zuruck, der nun, mit dem Rucken gegen das Schaltbrett gelehnt, auf dem Boden sa?. "Wann?" fragte der Vierundzwanzigjahrige hartnackig. Der Zugfuhrer zogerte ein wenig und musste sich seine Ormond aufs neue anzunden, die Beine, da sich der Zug immer starker neigte, in der gleichen Hohe wie sein Kopf. "Schon nach funf Minuten", sagte er dann. "Es war sinnlos, noch eine Rettung zu versuchen. Der im Packraum ist auch abgesprungen." - "Und Sie?" fragte der Vierundzwanzigjahrige. "Ich bin der Zugfuhrer", antwortete der andere, "auch habe ich immer ohne Hoffnung gelebt." - "Ohne Hoffnung", wiederholte der junge Mann, der nun geborgen auf der Glasscheibe des Fuhrerstandes lag, das Gesicht uber den Abgrund gepresst. Da sa?en wir noch in unseren Abteilen und wussten nicht, dass schon alles verloren war, dachte er. Noch hatte sich nichts verandert, wie es uns schien, doch schon hatte uns der Schacht nach der Tiefe zu aufgenommen, und so rasen wir denn wie die Rotte Korah in unseren Abgrund. Er musse nun zuruck, schrie der Zugfuhrer, "in den Wagen wird die Panik ausgebrochen sein. Alles wird sich nach hinten drangen." - "Gewiss", antwortete der Vierundzwanzigjahrige und dachte an den dicken Schachspieler und an das Madchen mit seinem Roman und dem roten Haar. Er reichte dem Zugfuhrer seine ubrigen Schachteln Ormond Brasil 10. "Nehmen Sie", sagte er, "Sie werden Ihre Brasil beim Hinuberklettern doch wieder verlieren." "Ob er denn nicht zuruckkomme; fragte der Zugfuhrer, der sich aufgerichtet hatte und muhsam den Trichter des Korridors hinaufzukriechen begann. Der junge Mann sah nach den sinnlosen Instrumenten, nach diesen lacherlichen Hebeln und Schaltern, die ihn im glei?enden Licht der Kabine silbern umgaben. "Zweihundertzehn", sagte er. "Ich glaube nicht, dass Sie es bei dieser Geschwindigkeit schaffen, hinaufzukommen in die Wagen uber uns." - "Es ist meine Pflicht!" schrie der Zugfuhrer. "Gewiss", antwortete der Vierundzwanzigjahrige, ohne seinen Kopf nach dem sinnlosen Unternehmen des Zugfuhrers zu wenden. "Ich muss es wenigstens versuchen!" schrie der Zugfuhrer noch einmal, nun schon weit oben im Korridor, sich mit Ellbogen und Schenkeln gegen die Metallwande stemmend, doch wie sich die Maschine weiter hinabsenkte, um nun in furchterlichem Sturz dem Innern der Erde entgegenzurasen, diesem Ziel aller Dinge zu, so dass der Zugfuhrer in seinem Schacht direkt uber dem Vierundzwanzigjahrigen hing, der am Grunde der Maschine auf dem silbernen Fenster des Fuhrerraumes lag, das Gesicht nach unten, lie? seine Kraft nach. Der Zugfuhrer sturzte auf das Schaltbrett und kam blutuberstromt neben den jungen Mann zu liegen, dessen Schultern er umklammerte. "Was sollen wir tun?" schrie der Zugfuhrer durch das Tosen der ihnen entgegenschnellenden Tunnelwande hindurch dem Vierundzwanzigjahrigen ins Ohr, der mit seinem fetten Leib, der jetzt nutzlos war und nicht mehr schutzte, unbeweglich auf der ihn vom Abgrund trennenden Scheibe ruhte und durch sie hindurch den Abgrund gierig in seine nun zum erstenmal weit geoffneten Augen sog. Was sollen wir tun?" - "Nichts", antwortete der andere unbarmherzig, ohne sein Gesicht vom todlichen Schauspiel abzuwenden, doch nicht ohne eine gespensterhafte Heiterkeit, von Glassplittem ubersat, die von der zerbrochenen Schalttafel herstammten, wahrend zwei Wattebuschel, durch irgendeinen Luftzug ergriffen, der nun plotzlich hereindrang (in der Scheibe zeigte sich ein erster Spalt), pfeilschnell nach oben in den Schacht uber ihnen fegten. "Nichts. Gott lie? uns fallen, und so sturzen wir denn auf ihn zu."


    

... ... ...
Продолжение "Тоннель (germ)" Вы можете прочитать здесь

Читать целиком
Все темы
Добавьте мнение в форум 
 
 
Прочитаные 
 Тоннель (germ)
показать все


Анекдот 
Гаишник тормозит машину: - Ваши документы, сэр! - Почему это я вдруг - сэр? - Потому, что едете по левой стороне дороги!
показать все
    Профессиональная разработка и поддержка сайтов Rambler's Top100